Die nachfolgenden Urteile erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Wiedergabe aller aktuellen arbeitsrechtlichen Urteile/Beschlüsse. Die Urteile werden nur schlagwortartig wiedergegeben. Ob, und wenn ja, in welchem Umfang die Urteile auf Ihren Einzelfall übertragen werden können, bedarf einer näheren fachanwaltlichen Prüfung.
BAG=Bundesarbeitsgericht; BGH=Bundesgerichtshof
BSG=Bundessozialgericht
LAG=Landesarbeitsgericht; ArbG=Arbeitsgericht
Anhörung des Betriebsrates bei Kündigung wegen Wegfall der Hierachieebene
Wenn der Arbeitgeber kündigt, weil er eine Hierachieebene gestrichen hat (bspw. die Position der Abteilungsleiter soll es zukünftig nicht mehr geben), muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat konkret mitteilen, welche Arbeiten des zu kündigenden Arbeitnehmers künftig nicht mehr anfallen und welche Arbeiten auf welche Mitarbeiter umverteilt werden sollen und inwiefern diese Mitarbeiter noch über freie Arbeitskapazitäten verfügen. Dabei muss der Arbeitgeber zumindest so konkret werden, dass der Betriebsrat beurteilen kann, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den betroffenen Arbeitnehmer entfallen ist und ob der Betriebsrat sein Widerspruchsrecht gegen die Kündigung ausüben will (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.06.2013, 5 Sa 21/13).
Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung innerhalb der Wartezeit
Bei einer Kündigung in der Probezeit bzw. in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses, die auf ein personenbezogenes Werturteil gestützt wird, muss dem Betriebsrat nur dieses Werturteil des Arbeitgebers, ohne es zu substantiieren oder zu begründen, mitgeteilt werden. Es ist demnach ausreichend, wenn der Arbeitgeber mitteilt: Der Arbeitnehmer habe sich „während der Probezeit nicht bewährt“ und sei „nicht geeignet, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen“ oder „nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren Anforderungen nicht“ oder der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt“ (BAG vom 12.9.2013, 6 AZR 121/12).
Information/Unterrichtung des Betriebsrates bei Einstellung neuer Mitarbeiter
Dem Betriebsrat sind alle Bewerbungen vorzulegen, die der Arbeitgeber erhalten hat. Auch wenn bspw. ein Personalberater oder ein internes Gremimum eine Vorauswahl getroffen hat, sind diese „aussortierten“ Bewerbungen dem Betriebsrat im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG vorzulegen ( BAG vom 21.10.2014, 1 ABR 10/13).
Auflösung des Betriebsrates
Wenn ein Betriebsrat über einen Zeitraum von 27 Monaten keine Betriebsversammlung durchführt, kann er auf Antrag des Arbeitgeber vom Gericht aufgelöst werden ( ArbG Hamburg, Beschluss vom 27.6.2012, ABR 27 BV 8/12).
Beauftragung eines Rechtsanwaltes
Der Betriebsrat muss vor jeder Beauftragung eines Rechtsanwaltes einen ordnungsgemäßen Beschluss fassen, und zwar für jede gerichtliche Instanz einen gesonderten Beschluss (LAG Düsseldorf vom 16.1.2013, 7 TaBV 31/129).
Betriebsratstätigkeit
Ein Betriebsratsmitglied muss sich zwar nicht abmelden, wenn er einer Betriebsratstätigkeit nachgeht und schon gar nicht seinen Vorgesetzten darüber informieren, welche Betriebsratstätigkeit er konkret ausübt. Allerdings kann der Arbeitgeber verlangen, dass ihm die Gesamtdauer der Betriebsratstätigkeiten innerhalb eines Monats mitgeteilt wird (BAG vom 29.6.2011, 7 ABR 135/09).
Das freigestellte Betriebsratsmitlgied hat die Verpflichtung, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Kommt der Betriebsrats dieser Verpflichtung nicht nach, kann dies zu Abzügen vom Arbeitsentgelt führen ( BAG vom 10.7.2013, 7 ABR 22/12).
Betriebsratsmitglied – Ausschluss aus Betriebsrat – Zustimmung zur Kündigung
Ein Betriebsratsmitglied, dass sich zu dem Personalinformationssystem des Unternehmens Zugang verschafft, rechtfertigt den Ausschluss aus dem Betriebsrat, nicht jedoch eine außerordentliche Kündigung (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2012, 17 TaBV 1318/12).
Ein Betriebsratsvorsitzender, der auf einer Betriebsversammlung aus einem Bewerbungsschreiben eines Mitarbeiters ohne dessen Einwilligung wörtlich zitiert und dadurch den eingestellten Mitarbeiter herabwürdigt, kann aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden (LAG Düsseldorf vom 21.2.2013, 12 TaBV, 93/12).
Betriebsratsmitglied – Außerordentliche Kündigung
Wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Betriebsratsmitglied die Vermögensinteressen des Arbeitgebers verletzt und im Rahmen seiner Aufgaben unberechtigte eigene Vorteile wahrgenommen hat, kann dies als sogenannte Verdachtskündigung eine außerordentlichen Kündigung rechtfertigen (ArbG Hamburg, Beschluss vom 22.5.2013, 26 BV 31/12).
Burn-Out
Die Teilnahme an einer Schulung mit dem Thema Burn-Out im Unternehmen kann für ein Betriebsratsmitglied erforderlich sein. Die Kosten sind vom Unternehmen zu tragen (ArbG Essen vom 30.6.2011, 3 BV 29/11).
Datenschutz – Kontrolle der Arbeitszeit
Um kontrollieren zu können, ob die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden, ist dem Betriebsrat Zugang zu den Arbeitszeiten der einzelnen Mitarbeiter zu gewähren. Das Bundesdatenschutzgesetz steht dem nicht entgegen, es muss vielmehr hinter das Kontrollrecht des Betriebsrates zurücktreten (LAG Köln, Beschluss vom 28.6.2011, 12 TaBV 1/11).
Datenschutz – Einblick in Lohnlisten
Das Recht des Betriebsrates, Gehaltslisten einzusehen, ist mit dem Bundesdatenschutzgesetz und Europarecht vereinbar. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Mitarbeiter dem widersprochen haben (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 18.4.2012, 16 TaBV 39/11).
Datenschutzbeauftragter
Ein Mitglied des Betriebsrates kann auch Datenschutzbeauftragter sein (BAG vom 23.3.2011, 10 AZR 562/09).
Der Betriebsrat kann seine Ablehnung zur Berufung eines Mitarbeiters zum Datenschutzbeauftragten nicht allein damit begründen, dass der Mitarbeiter der IT angehöre und von daher ein Interessenkonflikt bestünde. Denn ein Interessenkonflikt besteht nur dann, wenn der Mitarbeiter der IT in seinem Arbeitsbereich damit betraut ist, für eine datenschutzkonforme Verarbeitung personenbezogener Daten, also Einzelangaben über persönliche, wirtschaftliche Verhältnisse der Mitarbeiter zu sorgen. Im vorliegenden Fall lag diese Voraussetzung nicht vor (LAG Hamm, Beschluss vom 8.4.2011, 13 TaBV 92/10).
Nicht-personalisierter Internetanschluss
Der Betriebsrat kann verlangen, dass ihm ein nicht personalisierter Internetzugang zur Verfügung gestellt wird.
Der Betriebsrat ist für die datenschutzrechtliche Sicherung seines PC selbst verantwortlich. Der Arbeitgeber kann ihm insofern keine Vorschriften machen (BAG, Beschluss vom 18.7.2012, 7 ABR 23/11).
2. Internetanschluss
Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf einen 2. Internetzugang über einen externen Provider. Dies kann anders sein, wenn der Betriebsrat nachweisen kann, dass der ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Internetzugang nicht sicher ist oder gar überwacht wird (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.1.2013, 13 TaBV 8/12).
Kritik am Betriebsrat
Der Arbeitgeber ist für Äußerungen von Arbeitnehmern, die sich kritisch mit der Arbeit des Betriebsrats auseinandersetzen, auch dann nicht verantwortlich, wenn diese am schwarzen Brett im Betrieb ausgehängt werden. Dies gilt selbst dann, wenn unter den 112 Unterzeichnern des Schreibens einige leitende Angestellte sind (LAG Hessen, Beschluss vom 2.9.2013, 16 TaBV 36/13).
Konzernbetriebsrat – Einführung von SAP
Der Konzernbetriebsrat kann für eine Einführung von SAP in allen Konzernunternehmen zuständig sein, wenn die Einführung aus rechtlichen oder technischen Umständen objektiv zwingend erforderlich ist. Allein der Wunsch der Arbeitgeberin nach einer konzerneinheitlichen Regelung, reine Zweckmäßigkeitsgründe, Kostengesichtspunkte oder das Koordinierungsinteresse der Konzernleitung genügen dabei nicht (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 24.5.2011, 1 TaBV 55/09).
Mitbestimmung
Google-Maps: Der Betriebsrat hat bei der Nutzung von Google-Maps für die Kontrolle von Spesenabrechnungen kein Mitbestimmungsrecht (LAG Hamburg vom 2.5.2012, 6 TaBV 103/11 bestätigt durch BAG vom 10.12.2013, 1 ABR 43/12).
Facebook: Der Betrieb einer Facebook-Seite ist nicht mitbestimmungspflichtig, weil es sich um keine Regelung zum Verhalten der Mitarbeiter mit- und zueinander handelt (ArbG Düsseldorf, Beschluss vom 21.06.2013, 14 BVGa 16/13). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber einen Leitfaden für die Nutzung von Facebook aufstellt, solange in diesem Leitfaden keine verbindlichen Verhaltenspflichten oder Anweisungen aufgegeben, keine zwingenden Maßnahmen angeordnet werden und den Mitarbeitern die Teilnahme an den Facebook-Seiten freigestellt wird ( so jetzt auch LAG Düsseldorf, 9 Ta BV 51/14 – noch nicht rechtskräftig).
Wenn Nutzer über den Facebook-Auftritt des Arbeitgebers sich über das Verhalten von Mitarbeitern in sogenannten Postings öffentlich äußern können, unterliegt die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats (Beschluss des BAG vom 13.12.2016, Az.: 1 ABR 7/15). Ohne diese Funktion wäre der Facebook-Auftritt allerdings nicht mitbestimmungspflichtig.
Internetnutzung: Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber anordnet, dass das Internet nicht für private Zwecke genutzt werden darf (ArbG Hamburg, Beschluss vom 7.11.2012, 27 BVGa 3/12 und LAG Hamm vom 07.04.2006, 10 TaBV 1/06).
Gespräche nach Rückkehr aus der Krankheit: Wenn der Arbeitgeber mit jedem Mitarbeiter, der kurz- oder langfristig erkrankt war, nach seiner Rückkehr ein Gespräch führt, um die Krankheitsursache zu erfahren und um dadurch eventuelle arbeitsplatzspezifische Mängel zu beseitigen, so steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zu (LAG München vom 13. Februar 2014, 3 TaBV 84/13).
Nutzung von Betriebsmitteln: Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber seine Mitarbeiter anweist, keine fremden Programme/Dateien auf die Festplatte zu kopieren, über Diskette, CD-Rom, ähnliche Datenträger oder das Internet auf dem Rechner zu installieren / oder einzusetzen und dass Virenschutzprogramme zu nutzen sind. Es besteht auch kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber bei Ausschluss der privaten Nutzung anordnet, dass das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten über das Internet oder das E-Mail-System, insbesondere rassistischer und / oder pornographischer Art, verboten ist (ArbG Hamburg, Beschluss vom 7.11.2012, 27 BVGa 3/12).
Nutzung eines Dienstwagens: Bei der Ausgestaltung der vom Arbeitgeber gestatteten Privatnutzung von Dienstwagen besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates (LAG Hamm, 7.2.2014, 13 TaBV 86/13, noch nicht rechtskräftig)
Abtretungsverbot: Ein Verbot für Arbeitnehmer, Gehaltsansprüche abzutreten, kann in einer Betriebsvereinbarung nicht wirksam vereinbart werden (ArbG Hamburg, vom 31.08.2010, 21 Ca 176/10).
Abmahnungen: Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass ihm außerhalb des Anhörungsverfahrens zu einer Kündigung einzelne oder pauschal alle ab einem gewissen Datum erteilte Abmahnungen vorgelegt werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Abmahnungen in anonymisierter Form vorgelegt werden sollen. (BAG vom 19. September 2013, 1 ABR 26/12).
Sozialplan
In einem Sozialplan kann die Zahlung einer Abfindung auf Arbeitnehmer beschränkt werden, denen durch die betriebsbedingte Kündigung die Arbeitslosigkeit droht. Im Gegensatz dazu können gekündigte Mitarbeiter nicht von einer Prämie /Abfindung ausgeschlossen werden, die gezahlt wird, wenn der Mitarbeiter keine Kündigungsschutzklage erhebt, weil der Mitarbeiter im Anschluss an seine Entlassung anderweitig beschäftigt wird. (BAG vom 08.12.2015, 1 AZR 595/14).
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