Internet / Soziale Netzwerke im Arbeitsleben
Die Sozialen Netzwerke sind in der Arbeitswelt angekommen und werfen viele Fragen auf, von denen bisher nur einige richterlich beantwortet worden sind.
Darf sich beispielsweise ein Arbeitgeber vor dem Einstellungsgespräch bei Facebook umschauen, um zu sehen, was der Bewerber in seiner Freizeit alles unternimmt ? Kann die freizügige Darstelllung der privaten Aktivitäten in einem sozialen Netzwerk gar als Kündigungsgrund dienen ?
Die nachfolgenden Informationen und Urteile erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Wiedergabe aller aktuellen arbeitsrechtlichen Urteile. Die Urteile werden nur schlagwortartig wiedergegeben. Ob, und wenn ja, in welchem Umfang die Urteile auf Ihren Einzelfall übertragen werden können, bedarf einer näheren anwaltlichen Prüfung.
BAG=Bundesarbeitsgericht; BGH=Bundesgerichtshof
BSG=Bundessozialgericht
LAG=Landesarbeitsgericht; ArbG=Arbeitsgericht
Daten eines Mitarbeiters auf der Homepage des Arbeitgebers sind zu löschen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist (Hess.LAG vom 24.1 2012, 19 SaGA 1480/11). Dies dürfte auch auf Daten von Mitarbeitern in Auftritten des Arbeitgebers in sozialen Netzwerken zutreffen, sofern im Aufhebungsvertrag nicht eine anderweitige Regelung aufgenommen worden ist.
Foto des Arbeitnehmers auf Homepage: Für die Veröffentlichung eines Fotos / Videos im Internet durch den Arbeitgeber ist die schriftliche Einwilligung des Mitarbeiters erforderlich. Wenn der Mitarbeiter schriftlich zugestimmt hat, endet seine Zustimmung aber nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er muss sie widerrufen (BAG vom 11.12.2014, 8 AZR 1010/2013). Für den Widerruf ist ein Grund erforderlich. Dient das Foto nur allgemeinen Illustrationszwecken und wird der Arbeitnehmer nicht besonders herausgestellt, ist ein Widerruf in der Regel nicht zulässig. Der Arbeitgeber kann also in diesem Fall das Foto des Arbeitnehmers weiter nutzen (LAG Rheinland Pfalz, Urteil vom 30.11.2012, 6 Sa 271/12). Wenn dagegen mit der Person des ausgeschiedenen Arbeitnehmers oder mit seiner Funktion im Unternehmen geworben wird, ist ein Widerruf zulässig (BAG vom 11.12.2014, 8 AZR 1010/2013).
Wenn ein Arbeitnehmer oder Auszubildender massive ehrverletzende Äußerungen über seinen Arbeitgeber auf Facebook postet, beispielsweise „Menschenschinder“ und „Ausbeuter“ und seine Tätigkeit als „dämliche Scheiße“ bezeichnet, kann er außerordentlich gekündigt werden (LAG Hamm vom 10.10.2012, 3 Sa 644/12).
Das Drücken des „gefällt-mir“-Button auf Facebook, wodurch eine den Arbeitgeber beleidigende Äußerung bestätigt wird, kann die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen (ArbG Dessau-Roßlau, 1 Ca 148/11).
Beleidigende Äußerungen über einen Arbeitgeber (Drecksladen“ und „armseliger Saftladen“) in einem Chat, der nur für einen überschaubaren Kreis von Personen bzw. Freunden zugänglich ist, rechtfertigen weder eine Kündigung des Mitarbeiters noch ein Unterlassungsverlangen des Arbeitgebers (ArbG Bochum vom 9.2.2012, 3 Ca 1203/12 noch nicht rechtskräftig).
Der Betriebsrat hat nur selten ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber bei Facebook eine eigene Seite unterhält. Der reine Betrieb von Facebook-Seiten enthält keine Regelungen dazu, wie sich die Beschäftigten im Betrieb miteinander bzw. zueinander verhalten sollen (ArbG Düsseldorf vom 21.6.2013, 14 BVGa 15/13). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber einen Leitfaden für die Nutzung von Facebook aufstellt, solange in diesem Leitfaden keine verbindlichen Verhaltenspflichten oder Anweisungen aufgegeben, keine zwingenden Maßnahmen angeordnet werden und den Mitarbeitern die Teilnahme an den Facebook-Seiten freigestellt wird.
Auch wenn der Arbeitgeber mit Suchmaschinen nach Kommentaren von Mitarbeitern suchen kann und wenn die Mitarbeiter auf der facebook Seite negativ bewertet werden können und der Arbeitgeber mit den facebook-eigenen Möglichkeiten gezielt nach negativen Einträgen suchen kann, führt dies nicht dazu, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach 87 Abs.1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz hat (LAG Düsseldorf vom 21.1.2015, 9 TaBV 51/14).
Ein Mitbestimmungsrecht besteht jedoch, wenn Nutzer über den Facebook-Auftritt des Arbeitgebers sich über das Verhalten von Mitarbeitern in sogenannten Postings öffentlich äußern können (Beschluss des BAG vom 13.12.2016, 1 ABR 7/15).
Private oder übermäßige Nutzung des Internet
Die Nutzung des Internets zu privaten Zwecken an zusammengerechnet 5 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 30 Arbeitstagen berechtigt den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung. Um in Erfahrung zu bringen, ob ein Mitarbeiter das Internet privat nutzt, darf der Browserverlauf vom Arbeitgeber ausgewertet werden. Das Ergebnis der Auswertung darf der Arbeitgeber auch im Gerichtsverfahren verwenden. (Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 14.1.2016, 5 Sa 657/15, Urteil ist noch nicht rechtskräftig).
Das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme (“unbefugter download”) ist eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung, insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des – betrieblichen – Betriebssystems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden (BAG vom 7.7.2005, 2 AZR 581/04). Dennoch ist auch bei dieser Pflichtverletzung die Verhältnismäßigkeit der Kündigung zu prüfen (siehe sogleich unten), die trotz Pflichtverletzung zur Unwirksamkeit der Kündigung führen kann.
Die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit ist eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt (BAG vom 7.7.2005, 2 AZR 581/04). Dennoch ist auch bei dieser Pflichtverletzung die Verhältnismäßigkeit der Kündigung zu prüfen (siehe sogleich nachfolgend), die trotz Pflichtverletzung zur Unwirksamkeit der Kündigung führen kann.
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Internetnutzung: Der Verstoß gegen ein ausdrückliches Verbot jeglicher privater Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses sowie das Herunterladen von pornografischem Bildmaterial schaffen keinen absoluten Kündigungsgrund. Auch bei einem solchen Sachverhalt ist die Verhältnismäßigkeit einer Kündigung anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zu prüfen (BAG vom 19.4.2012, 2 AZR 186 /11).
Internet- und Emailnutzung zu privaten Zwecken: Dass nicht jede private unerlaubte Nutzung des Internets und/oder des geschäftlichen Email-Accounts zu einer Kündigung berechtigt, zeigt ein vom LG Köln entschiedener Fall. Der Arbeitnehmer hatte von seinem Dienstcomputer aus 2 Dateien mit pornographischen Bildern an einen Arbeitskollegen weitergeleitet, 2-mal mit betriebsfremden Personen über 2 und 3 Stunden einen Email-Schriftwechsel mit eindeutig sexuellem Inhalt geführt, in geringem Umfang Emails über den Verkauf und Ankauf verschiedener Gegenstände und sonstigem privaten Inhalt versandt und von seinem Arbeitsplatz aus eine Betreuungsangelegenheit wahr genommen. Alle diese Pflichtverletzungen reichten dem LAG Köln nicht, die Kündigung als wirksam anzusehen (LAG Köln vom 18.0.7.2012, 9 Sa 209/12).
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